Anwendung und Ziele

Diese Methode eignet sich insbesondere, wenn es ein gemeinsames Anliegen oder Thema gibt, das verbal untersucht werden soll, beispielsweise ein Thema, das eine soziale Komplexität aufweist. Sie kann verwendet werden, um in der Gruppe aufgeladene Themen des aktuellen politischen oder kulturellen Diskurses oder sogar Konflikte innerhalb der Gruppe zu bearbeiten.

Diese Methode sollte in der Mitte des Gruppenprozesses angewandt werden, wenn bereits ein Gruppengefühl und Vertrauen zwischen den Teilnehmer:innen vorhanden ist.

So geht’s

Definiert gemeinsam in der Gruppe, was das Problem oder Thema ist, das bearbeitet und untersucht werden soll. Es sollte möglichst noch allgemein gehalten werden. Fangt noch nicht an, es zu diskutieren, sondern beschreibt nur den Bereich, der behandelt werden soll, gerade soviel, dass jede:r ein Verständnis davon hat, worauf sich die Gruppe bezieht. Vermeidet spezifische Fragen als Ausgangspunkt. Diese Fragen sollen im Laufe der Übung konkretisiert werden. 

In Vierergruppen aufgeteilt und im Kreis sitzend, hat jedem/jeder zweite Teilnehmer:in ein Blatt Papier vor sich liegen, sodass neben jede:r Teilnehmer.in mit Zettel ein:e Teilnehmer:in ohne Zettel sitzt. Es empfiehlt sich zur Übersicht pro Gruppe zwei Zettel in unterschiedlichen Farben zu nehmen.

Die Teilnehmer:innen mit Zetteln haben nun drei Minuten Zeit, ihre Gedanken zu dem zu untersuchenden Thema aufzuschreiben. Nach Ablauf dieser Zeit geben sie das Blatt an den/ die nächste:n Teilnehmer:in im Kreis weiter. Jetzt haben die Teilnehmer:innen, welche gerade den Zettel mit den Notizen erhalten haben, drei Minuten Zeit, ihn zu lesen und weitere Überlegungen dazu zu notieren. So entstehen zwei Gedankenstränge, die jeweils von einem/ einer Teilnehmer:in begonnen wurden. 

Mit dieser Übung werden die Teilnehmer:innen angehalten, die Verantwortung für die gemeinsam aufkommenden Gedanken zu übernehmen, als ob es ihre eigenen wären. Anstatt sich mit der Frage zu beschäftigen, wer es geschrieben hat und warum, werden die Teilnehmer:innen eingeladen, ihre Gedanken zu erweitern, zu sortieren, neu auszurichten und neu zu formulieren. Dabei sollten sie akzeptieren, dass irgendwann auch unangenehme Überlegungen auftauchen können. In diesem Fall sind sie gefragt, daran zu arbeiten, ihre Gedanken neu auszurichten, ohne eine verurteilende oder ablehnende Haltung einzunehmen.

Die Zeit, in der die Teilnehmer:innen nicht schreiben, ist eine gute Gelegenheit zur Selbstbeobachtung: Wie werde ich von diesen Gedanken bewegt?

Variationen & Erweiterungen

Die Übung kann in drei Phasen unterteilt werden, wobei jede Phase acht Durchgänge mit jeweils drei Minuten umfasst, sodass jede:r Teilnehmer:in zweimal an der Reihe ist. 

In der ersten Phase sollen die Teilnehmer:innen ihre Überlegungen erweitern und differenzieren, bevor sie sie akzeptieren, korrigieren oder ablehnen. Dabei sollten sie auf Gefühle oder Unsicherheiten achten, die den gedanklichen Prozess bestimmen könnten. Sie sind dazu aufgefordert, mögliche den Prozess bestimmende Gefühle sowohl wahrzunehmen als auch zu reflektieren. Dabei sollen emotional geleitete Annahmen vermieden werden und stattdessen versucht werden, diese neu zu formulieren.  Insbesondere Empathie und aufmerksames Differenzieren sind in der ersten Phase gefragt.

In der zweiten Phase werden die Teilnehmer:innen gebeten, das bisher Geschriebene noch einmal zu lesen und die Passagen im Text zu markieren, die sie als am aufschlussreichsten und relevantesten empfunden haben. In dieser Phase wird Raum gegeben, die unterschiedlichen Gedankenstränge zusammenzubringen. Dabei liegt das Augenmerk darauf, wahrzunehmen, welche Erkenntnisse in diesem Moment durch sie, insbesondere durch ihre Kombination, entstanden sind oder entstehen. 

In der letzten Phase nimmt sich jede Gruppe ein neues Blatt. Jede:r Teilnehmer:in hat dann nacheinander drei Minuten lang die Gelegenheit, spezifische Fragen zu dem untersuchten Thema zu formulieren und auf dem Blatt zu notieren. Daraus entsteht eine Liste von Fragen, die den anderen Gruppen übergeben oder vorgetragen werden kann und als Leitfaden für den Austausch der Gesamterfahrung dienen kann.

Mögliche Kombinationen

Listening shapes speech

Keywords conversation

Zeichnen und Kombinieren von Gefühlsformen

Quellen

Diese Methode wurde von mir selbst entwickelt. Sie ist in gewisser Weise von der Gewaltfreien Kommunikation (einer von Marshall Rosenberg entwickelten Methode) inspiriert, was die Beziehung zwischen Gefühlen und Gedanken und deren Annäherung angeht.