Anwendung und Ziele

Diese Übung ist insbesondere zu Beginn von Gruppenprozessen geeignet. Sie hilft den Teilnehmer:innen, sich einer intuitiven körperlichen Dimension bewusst zu werden, die immer präsent ist, wenn sie mit anderen interagieren und Räume teilen.

So geht’s

Es ist sinnvoll, zu Beginn den Teilnehmer:innen eine kurze Einführung in den Begriff der Kinesphäre zu geben.

Die Kinesphäre ist der Raum, der für den Körper erreichbar ist, ohne dass man seinen Platz verlässt. Dieser „Raum um uns herum“, der von unseren Armen und Beinen erreicht werden kann, ist kugelförmig und entspricht unserem Gefühl für unseren persönlichen Bereich. Denn dies ist der Bereich, in dem wir unmittelbar Einfluss nehmen können, sei es etwas mit den Armen oder Händen wegzuschieben oder zu greifen, auf etwas zu treten oder sich zu verteidigen usw.

Bitte die Teilnehmer:innen, sich einen Platz im Raum zu suchen, an dem sie die Arme in alle Richtungen ausstrecken können. 

Du kannst diese Übung wie folgt anleiten:

Nimm deinen Körper bewusst wahr. Atme tief ein und aus.

Achte auf die kleinen Verschiebungen des Gleichgewichts, die minimalen Korrekturen, die der Körper und insbesondere die Muskeln ständig vornehmen.

Lass deine Füße an Ort und Stelle. Experimentiere damit, wie weit du dich bewegen kannst, ohne das Gleichgewicht zu verlieren und deinen Platz zu verlassen. Intensiviere diese gleichgewichtserhaltende Bewegung nach und nach. 

Stell dir nun eine Linie vor, die entlang deiner Wirbelsäule nach oben geht, oben aus dem Kopf herauskommt und in Richtung Himmel führt. Stell dir vor, dass diese Linie dich leicht nach oben zieht.

Entspanne deinen Körper.

Erkunde die Richtungen, in die sich dein Fußgelenk bewegen kann ohne den Fuß ganz vom Boden zu nehmen. Probiere nun aus wie weit du deinen Fuß bewegen kannst. Stell dir vor, dass du den Raum um ihn herum mit Farbe füllst. Fülle den ganzen Raum aus, den du mit deinem Fuß erreichen kannst. Wechsel danach zum anderen Fuß und wiederhole es. 

Versuche das Gleiche mit den Knien. Ohne die Füße ganz aus dem Boden zu nehmen – wo können die Knie hinkommen? Stell dir vor, dass du diesen Raum mit einer Farbe ausfüllst. 

Gehe dann zu deinen Hüften über. Bis zu welchem Punkt können sie sich bewegen? Erkunde den ganzen Raum ringsherum. Vorne, hinten…

Jetzt mit den Schultern. Spüre, wie der Raum sich mehr und mehr mit Farbe füllt und dichter wird. 

Gehe dann zum Kopf über. Wie weit kannst du ihn nach oben strecken? Wie weit nach hinten? 

Beginne nun mit deinen Ellbogen. Erkunde und berühre den ganzen Raum um sie herum und fülle ihn. 

Hebe jetzt einen deiner Füße und erkunde, wie weit du mit jedem Bein kommst. Fülle den gesamten erreichbaren Bereich mit Farbe.

Beginne dann mit deinen Händen und Armen und probiere aus, wie weit du sie strecken kannst. 

Nimm dir Zeit, um die letzten Bereiche mit Farbe zu füllen. Vergegenwärtige dir diesen dichten kugelförmigen Raum um dich herum. 

Wenn du bereit bist, gehe durch den Raum und nimm deine Sphäre mit. Spüre deine Kinesphäre um dich herum: hinter dir, über dir, neben dir. Deine Arme und Hände können helfen, sie weiter zu aktivieren und spürbar zu machen. 

Lass deine Kinesphäre langsam auf andere Kinesphären treffen. Nimm wahr, wenn sie sich berühren. 

Bleib rundum aufmerksam. Spüre auch deine Rückseite. 

Experimentiere damit, andere Kinesphären näher heranzulassen oder dich selbst anderen Kinesphären zu nähern und sie zu berühren. Wie fühlt sich das an?

Zum Abschluss dieser Übung kann die anleitende Person die Teilnehmer:innen bitten, einen Ort im Raum zu finden, an dem sie sich wohlfühlen. Dann kann die vertikale Linie vom Anfang wieder aktiviert werden: 

Spüre diesen leichten Zug nach oben und stell dir vor, wie sich die Farben der Kinesphäre langsam auflösen. Nimm den Raum um dich herum wahr. Wo befindest du dich im Raum? Was siehst du?

Entspanne deinen Körper. Du kannst dich dehnen, strecken, schütteln, deine Füße fest auf den Boden stellen… Mach wonach dir ist, um diese Übung abzuschließen.

Variationen & Erweiterungen

Für diese Erweiterung sollten die Kinesphären bereits „aktiviert“ sein. 

Es werden zunächst Paare gebildet. Beider Personen begeben sich jeweils an die gegenüberliegenden Seiten des Raumes. Dann geht eine Person auf die andere zu. Die „wartende“ Person sagt „Stopp“, wenn sie spürt, dass die Kinesphäre der anderen Person die ihre berührt. Lass ihnen Zeit, um die Begegnung zu spüren. Bitte sie dann, auf ihre Plätze zurückzukehren und den Vorgang mit getauschten Rollen zu wiederholen. Es kann mehrmals wiederholt werden. Die „wartende“ Person kann auch damit experimentieren, die Augen geschlossen zu halten.

Mögliche Kombinationen

Einlassen / Annähern / Abgrenzen

Relational soundscape

Quellen

Der Begriff der “Kinesphäre” geht auf Rudolf Laban, einem der Pioniere des modernen Tanzes, zurück. Ähnliche Übungen, wie hier beschrieben, kommen häufig in Tanz- und Somatik-Workshops zur Anwendung.